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Veranstaltungen mit viel Aufwand und langem Vorlauf

Foto: Hans Schreck

Wort­ge­wand­te Prä­si­den­ten re­si­die­ren auf gro­ßer Büh­ne, bun­tes Be­su­cher­volk hul­digt mit La­chen und viel Bei­fall den Akteu­ren von Tanz, Ge­sang, Mu­sik und Wort. Oh­ne Pan­de­mie wä­re all das in den Städ­ten und Ge­mein­den des Land­k­rei­ses schon in vol­lem Gan­ge. Doch die Pan­de­mie hat al­le Vor­be­rei­tun­gen und An­st­ren­gun­gen der Kar­ne­vals­ve­r­ei­ne und Fa­schings­ab­tei­lun­gen ge­stoppt.

Trotz der damals noch deutlich entspannteren Coronasituation hatten sich schon im Herbst viele Verantwortliche darauf eingestellt, dass der Fasching in diesem Jahr dem Virus zum Opfer fällt. Da war jedoch schon viel Arbeit angefallen. Denn Prunksitzungen sind Großveranstaltungen mit langem Vorlauf.

Viele Akteure und Helfer

Auf der Bühne tummeln sich oft gleichzeitig bis zu 40 Aktive, insgesamt am Abend meistens mehr als 100 Personen. Dazu eine Mannschaft von etwa 30 Helfern im Saal - vom Kassierer bis zum Küchenhelfer. Schließlich müssen die Besucher während der oft fünf- bis sechsstündigen Veranstaltungen nicht nur unterhalten, sondern auch versorgt werden.

Bei Eintrittspreisen von zehn und 15 Euro braucht es dafür Ehrenamtliche mit viel Herz und Engagement und straffe Organisation. In den Karnevalsvereinen sind Mitglieder und Verantwortliche eingespielte, fast professionelle Teams mit genau festgelegten Strukturen und Verantwortlichkeiten.

Angefangen bei der Vereinsführung mit Vorsitzendem. Sie sind nicht nur für eine normale Vereinsarbeit verantwortlich, sondern für alle Notwendigkeiten: vom Beantragen der Schankerlaubnis über den Einkauf bis zum Kartenvorverkauf und der Helfereinteilung.

Künstlerische Leitung

Daneben gibt es eine zweite Ebene für die Inhalte der Sitzungen. Wie Musikvereine ihren Dirigenten oder Gesangsvereine ihren Chorleiter haben, sind im Karneval die Sitzungspräsidenten die künstlerischen Leiter. Ihre Aufgabe ist es, die einzelnen Gruppierungen auf die Bühne zu rufen und vorzustellen, sondern während der Probenarbeiten zu beraten, über das eventuelle Gesamtthema zu informieren und das Gesamtprogramm zu formen. Dazu gehört auch der Blick auf die Büttenreden des Abends. Frivol darf es sein, aber nicht unter der Gürtellinie.

Große Jugendarbeit betreiben die Faschingsvereine bei ihren Tanzgarden. 40 bis 60 Mädchen, Kinder und Jugendliche, die in den verschiedenen Gruppen trainieren, sind keine Seltenheit. Und für die Erwachsenen gibt es die Möglichkeit, sich in Frauen- oder Männerballetts tänzerisch zu betätigen.

Im Mittelpunkt der Sitzungen stehen die Könner des geschliffenen Wortes. Sie stehen in der Bütt und unterhalten mit Kritik an Politik und Zeitgeschehen und viel Lokalkolorit. Die klassischen Elferräte mit Präsident haben in vielen Gemeinden inzwischen Moderatoren Platz gemacht.

Zwei große Dachverbände

Als Dach über den örtlichen Vereinen gibt es den Bund deutscher Karnevalisten (BdK) mit seinen bei uns bekannten Verbänden Fassnachtverband Franken und Narrenring Main-Neckar. Daneben gibt es noch die Föderation Europäischer Narren (FEN) mit ihrem Regionalverband Spessart-Odenwald.

Dazu gibt es noch als Besonderheit den Kreisnarrenring Obernburg (KNR). Ihm gehören acht Vereine mit NCV Niedernberg, KCV Kleinwallstadt, HCV Hausen, RFV Roßbach, KFE Elsenfeld, MCV Mömlingen, TTC Trennfurt und RCC Röllfeld an, die sich gegenseitig durch Büttenredner- und Gruppenaustausch unterstützen. Bei den Kreisumzügen sind sie als Pin-Verkäufer und Teilnehmer für die ausrichtende Vereine aktiv. Für Präsident Günther Frieß ist der der KNR »Garant zur Erhaltung und Pflege des karnevalistischen Brauchtums in unserem Landkreis und Region, auch in schwierigen Zeiten, wie Corona«.

Hans Schreck

 

 

Hintergrund:

Narrenpin / Einführungsartikel zur Serie

Da haben sich die Narren im Altkreis Miltenberg einen besonderen Pin für Ihre Aktiven ausgedacht und umgesetzt. Eine bunte lustige Kugel hält ein Stop-Schild einem zornigen, stacheligen Rundwesen entgegen. Darauf die Inschrift "Wir haben schon den Karneval-Virus". Gut gemeint und Hoffnung gebend. Aber eigentlich könnte das Wort "Karneval" ersetzt werden mit "Musikanten, Sänger usw.". Und fast jeder Vereinsmensch könnte ihn tragen. Vielleicht hätte es als Abwehr gegen diesen hartnäckigen Gesellen genutzt? Aber so sind/mussten auch die Vereine vor ihm einknicken. Und sie sind eingeknickt, wenn auch nicht gewollt! Eigentlich findet seit fast einem Jahr kein richtiges Gruppen- und Vereinsleben mehr statt. Fanden im Sommer bis Herbst noch ein paar Proben und Versammlungen mit Abstand statt, ist jetzt bis auf unbekannte Zeit alles am Erliegen. Vorstandsitzungen finden, wenn überhaupt, nur per Skyp ihre Runde. Aktive können nicht in Gruppen trainieren oder proben. Macht da das Hobby, der Freizeitausgleich überhaupt noch Spaß? Es war doch die Gemeinsamkeit, das Miteinander am gleichen Interesse. Das gesellige Zusammensein nach Training, Probe, Sitzungen usw. besteht nicht mehr. Es fehlt "die Welt verändern wollen". Jedes Jahr berichteten wir in der fünften Jahreszeit im Karneval über dem Geschehen in den Sälen und in den Straßen unserer Gemeinden. Dieses Jahr fällt alles dem Virus zum Opfer. Da hilft auch kein Stop-Schild. Aber trotzdem wollen wir die Zeit nutzen uns mit dem Karneval zu beschäftigen. Einfach einmal hinter die Kulissen blicken, die Strukturen in den Vereinen kennen lernen. Wir wollen einmal über den Wandel der Kostümierung nachdenken und in verschiedenen Beiträgen uns mit Akteuren des Karnevals/Fasenacht/Faschings unterhalten und informieren, wie sie die Auftrittslose Zeit sehen. Wir wollen unsere Leser einladen ihre schönsten Kostümbilder, von vorgestern bis heute, zu zusenden und so ein buntes Bild der närrischen Freiheit zu formen. In einem Video-Wettbewerb bitten wir Sie um Ihre Mithilfe bei der Gestaltung von bunten Erlebnissen rund um den Karneval. Vielleicht gelingt es uns gemeinsam Farbtupfer zu setzen zur Freude aller und zum Vergessen einer schwierigen Zeit. Vielleicht eröffnen wir dann anschließend eine bunte Welt des Frühlings mit seinen Blütenreichtum und im Sommer denken wir nicht mehr an diesen schlimmen stacheligen Gesellen. Den eines ist sicher die Hoffnung stirbt zuletzt.

Hans Schreck